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11.08.2020

Gelenkerhaltende Hüftchirurgie: Die häufigsten Fragen an Dr. Mattes

"Zu viele medizinische Halbwahrheiten machen die Runde": Der Ravensburger Hüftchirurg Dr. Thomas Mattes von der Sportklinik Ravensburg gibt Antworten auf die häufigsten Patientenfragen.

Hüftchirurg

Dr. med. Thomas Mattes, mehrfach ausgezeichneter Hüftchirurg an der Sportklinik Ravensburg.

Im Zuge eines Interviews für das Fachportal Premium Praxen gab Dr. Mattes einen kleinen Überblick über die häufigsten Fragen rund um sein Fachgebiet (Hüftchirurgie) mit denen er von seinen Patientinnen und Patienten im Rahmen von Sprechstunden und am Rande von Vorträgen konfrontiert wird. 

Frage: „Welche Behandlungsmethoden halten Sie aktuell für besonders wichtig? Und was ist an Ihrer Methode besonders?“

Dr. Thomas Mattes: „Besonders wichtig für ganz viele Patientinnen und Patienten ist die gelenkerhaltende Hüftchirurgie. Die meisten Menschen denken bei Hüft-OPs sofort an Gelenkersatz, also die klassische Hüftprothese. Viel wertvoller zur Erhaltung der Lebensqualität ist aber, wenn es gelingt, die Ursache der Beschwerden operativ zu behandeln, ohne gleich das Gelenk durch eine Prothese ersetzen zu müssen.“

Frage: „Können Sie Beispiele für solche Eingriffe nennen?“

TM: „Da kommen jetzt aber einige Fachbegriffe (lacht). Am wichtigsten sind wahrscheinlich die Dreifach-Beckenosteotomie, die introchantäre Osteotomie (ITO) und die Hüftarthroskopie. Gemeinsam ist diesen Eingriffen, dass sie unterschiedliche Beschwerden im Bereich der Hüfte operativ lindern oder sogar komplett beheben können und somit den Gelenkersatz nicht notwendig machen. Leider gibt es in Deutschland nur eine Handvoll von chirurgisch arbeitenden Orthopäden, die das machen – da ist man schon im spezialisierten Bereich.“

Frage: „Bei welchen Diagnosen versprechen diese gelenkerhaltenden OPs Erfolg?“

TM: „Eine ganze Reihe von typischen Hüft-Beschwerden kann mit diesen Methoden behandelt werden. Dazu gehört zum Beispiel die Hüftdysplasie sowie klassische Fehlstellungen wie die sog. Coxa valga et antetorta (eine Fehlstellung des Schenkelhalses) und die Coxa vara (die auswärtsgebogene Hüfte) sowie das Femur-Acetabuläre Impingement, ‚FAI‘ abgekürzt, ein Engesyndrom innerhalb des Gelenks. Das sind eigentlich allesamt in der Hüftchirurgie häufige Beschwerden, denen leider viel zu oft mit einer Prothesen-OP begegnet wird. Dabei sollte es eigentlich immer darum gehen, zuerst einmal jeden Versuch zu unternehmen, das Gelenk zu erhalten.

Frage: „Sie sind ja neben Ihrer Tätigkeit in Praxis und OP auch im Rahmen Ihrer vielen Vorträge mit den Fragen Ihrer Patientinnen und Patienten konfrontiert. Gibt es da bestimmte Themen, die besonders häufig aufkommen?“

TM: „Naja, da ist sicher die verbreitete Sorge, dass Orthopäden bei Gelenkproblemen immer gleich mit der Prothese daherkommen. Das ist ganz sicher nicht der richtige Weg. Das Ziel der gelenkerhaltenden Chirurgie ist immer, das eigene Gelenk so lange wie möglich beschwerdefrei oder zumindest beschwerdearm zu halten. Manche Beschädigungen der Hüfte sind aber so fortgeschritten, so schwerwiegend, dass man langfristig gesehen zu einer Hüftprothese raten muss. In diesem Fall gibt es wieder viele medizinische Halbwahrheiten, die leider immer noch die Runde machen und Patientinnen und Patienten verunsichern.“

Frage: „Zum Beispiel?“

TM: „Zum Beispiel ist es ein großer Irrtum, dass viele Menschen meinen, man könne ein künstliches Gelenk nach dem Einbau nur einmal wechseln. Darum schieben sie eine nötige OP so lange wie irgendwie möglich vor sich her, haben über Jahre immer größere Schmerzen, bloß weil irgendjemand ihnen geraten hat, so lange wie möglich zu warten. Das ist komplett unnötiges und vermeidbares Leid, das muss man einfach so sagen. Hüftgelenke sind erstens gut 20 Jahre und länger haltbar. Zweitens kann man Hüftgelenke sehr wohl öfter wechseln, diese vermeintlich tickende Uhr gibt es einfach nicht. Wenn (!) ein Gelenkersatz notwendig ist und kein Weg mehr daran vorbei führt, dann sollte man den Eingriff eher früher als später machen. Die Alternative ist, dass man sich noch ein paar Monate oder sogar Jahre quält, in dieser Zeit Weichteile und Muskulatur schlechter werden und dadurch das Gelenk weiter einsteift. Langfristig wird dadurch die OP selbst schwieriger und vor allem der Genesungsweg danach länger.“

Gelenkersatz oder -erhalt?
Das Ziel der gelenkerhaltenden Chirurgie ist immer, das eigene Gelenk so lange wie möglich beschwerdefrei oder zumindest beschwerdearm zu halten.
Haltbarkeit von Prothesen?
Hüftgelenke sind gut 20 Jahre und länger haltbar (...), diese vermeintlich tickende Uhr gibt es einfach nicht.
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