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13.10.2020

"Mir ist es wichtig, dass meine Patienten sich bei mir gut aufgehoben fühlen." – Interview mit Michael Pfaff

Michael Pfaff, der Neuzugang im Ärzteteam der Sportklinik Ravensburg, ist Spezialist für komplizierte Bandchirurgie am Knie, fühlt sich mit 38 Jahren für einen Arzt noch ziemlich jung und wollte eigentlich Profisportler werden.

Interview mit Michael Pfaff

Herr Pfaff, warum wollten Sie Arzt werden? Und warum ausgerechnet Sportmedizin?

"Das ist schnell beantwortet: Ich wollte immer mit Menschen arbeiten und wollte keinen Bürojob. Mit der Sportmedizin hatte ich schon früh über die Leichtathletik zu tun, ich wollte eine Zeit lang sogar Profisportler werden – und da hat man mitunter mehr Kontakt mit den Sportmedizinern, als einem lieb ist (lacht). Interessanterweise fand ich aber die Orthopäden, die ich so kennengelernt habe, immer recht locker und sympathisch, jedenfalls nicht so steif, wie man das von manchen Ärzten sonst so kennt. Sportler zu unterstützen und ihnen zu helfen ist eigentlich eine schöne Aufgabe: Man hat selbst einen Anteil daran, dass es einem anderen Menschen besser geht. Ich habe damals recht schnell gemerkt, dass ich so etwas auch machen will. Tatsächlich habe ich das dann auch parallel durchgezogen und in Berlin Medizin studiert, während ich mein Leichtathletiktraining fortgesetzt habe. Profisport ist halt auch eine Hochrisikokarte, das muss man der Ehrlichkeit halber schon erwähnen. Ich bin 2007, kurz vor Ende meines Studiums, Deutscher Vizemeister über die 400m Hürden geworden. Aber weil es für Sportler nicht gereicht hat, bin ich am Ende halt Arzt geworden (lacht)."

Heute sind Sie Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. Was genau ist Ihr Spezialgebiet?

"Ich würde mich in erster Linie als Orthopäden bezeichnen, genauer als Sportorthopäden. Bei mir geht’s also um die mechanischen Probleme, wenn man sich etwas, salopp gesagt, „kaputt“ gemacht hat – beim Sport, aber auch nach Fahrradunfällen, Verkehrsunfällen und so weiter. Meine Spezialisierung ist die Bandchirurgie am Kniegelenk, da wird’s für mich interessant, wenn’s richtig komplex wird. Die Rekonstruktion von Bändern – die reißen ja besonders gern bei Sportunfällen – wurde quasi zu der Routineoperation für mich. Dabei habe ich einen hohen Anspruch an meine eigene Arbeit entwickelt, denn ich sehe mich nicht als Arzt, bei dem das Gelenk nach der OP so „geschont“ werden muss, dass man praktisch nichts mehr damit tun darf. Für mich ist eine Behandlung dann erfolgreich, wenn der Patient danach wieder so gut Sport machen kann wie vorher. Das ist der Anspruch. Es ist mir wichtig, nach einer Behandlung sagen zu können: „Ihr könnt wieder Fußball spielen“. Oder Handball, oder jeden anderen Sport, der das Kniegelenk belastet."

Was reizt Sie an der Arbeit in der Sportklinik Ravensburg?

"Ich wollte in ein Fachzentrum mit höchster medizinischer Kompetenz und einem entsprechenden Organisationsgrad. Das ist wichtig, wenn man selbst auf höchstem Niveau arbeiten will und nicht bereit ist, Abstriche beim eigenen Anspruch zu machen. Ich wollte und will bei den komplexen und herausfordernden Themen bleiben und das geht nicht in einer kleinen Praxis, dazu braucht es ein medizinisches Fachzentrum wie die Sportklinik. Außerdem bin ich gebürtiger Häfler, was die Entscheidung natürlich noch eine Nummer einfacher gemacht hat (lacht). Ich wollte einfach zu Kollegen, die selbst richtig viel Erfahrung haben mit dem, was sie tun. Das hier ist kein Ausbildungsbetrieb, jeder hier muss selbständig arbeiten und seine Patienten auf höchstem Niveau behandeln können. Hier ist diese ganze geballte medizinische Kompetenz vorhanden, da fühle ich mich pudelwohl. Damit meine ich übrigens nicht nur die Ärzte, sondern ganz ausdrücklich das ganze medizinische Personal – das ist hier wirklich super.

Außerdem muss man schon sagen, der große Vorteil einer Privatklinik ist, dass die Patienten wirklich von Anfang an den direkten und persönlichen Kontakt mit ihrem Arzt haben, vom Vorgespräch über die OP bis zur Nachbehandlung. Das ist auch was wert, finde ich."

Gibt es auch Negatives an Ihrer Arbeit?

"Klar gibt es negative Seiten. Die Bürokratie nimmt oft mehr Raum ein, als man sich das von außen vorstellt. Ich wollte immer unmittelbar und in der Praxis Menschen helfen und Ergebnisse erzielen – und nicht Papier von links nach rechts schieben. Ich will Zeit für meine Patienten haben und in diesem Zusammenhang habe ich Bürokratie wirklich als die größte Hürde erlebt. Dieser Zeitverlust ist tatsächlich etwas Negatives an meiner Arbeit und das hatte ich so am Anfang nicht auf dem Schirm. Denn diese Zeit fehlt am Ende für die Arbeit am Patienten und das lässt sich nicht schönreden, auch wenn es halt so sein muss."

Gibt es einen privaten Ausgleich zum stressigen Alltag in der Klinik? Treiben Sie privat Sport? "Ja, natürlich – alles andere wäre bei meiner Vorgeschichte auch seltsam, oder? (lacht) Aber ich komme deutlich weniger zum Sport als früher. Meine Arbeit beansprucht natürlich mehr Zeit und meine Familie – ich habe eine Frau und zwei Töchter – kommt sowieso an erster Stelle. Aber ich mache natürlich trotzdem noch Sport, so oft es geht. Das ist mein Ausgleich und das brauche ich, um den Kopf klar zu behalten. Dazu reicht es schon, mich aufs Fahrrad zu setzen – das ist unkompliziert und ich kann es oft auch zwischendurch unterbringen. Schwimmen ist natürlich auch super, im Sommer am Bodensee… herrlich! Das genieße ich an der Region hier."

Was ist die häufigste Ursache für einen Besuch bei Ihnen als Arzt?

"Mit einem Wort: Der klassische „Kniegelenksverdreher“. Das sind dann meist Distorsionen beim Fußball oder Handball, also Bänderrisse, insbesondere Risse des vorderen Kreuzbands. Auch Meniskusrisse sind häufig, aber da kann man öfters auch konservativ helfen. Bei den Kreuzbandrissen ist das anders und in diesem Zusammenhang bin ich leider oft mit medizinischem Halbwissen und Irrglaube konfrontiert. Das Problem bei dieser Art von Verletzung ist, dass sie mit zunehmender Dauer nicht besser werden, sondern schlechter. Klingt eigentlich einleuchtend, oder? Gerade bei jungen Menschen mit instabilem Kniegelenk sollte man nach Möglichkeit nicht zu lange konservativ therapieren, da sollte man eher früher als später operieren. Ich weiß, dass das die Leute nicht gerne hören, aber das ist einfach Fakt. Ich habe schon zu viele vermeidbare Folgeschäden in Folge verschleppter Behandlung gesehen, als dass ich das anders sagen könnte. Natürlich ist klar, dass man das in aller Ruhe und auf der Basis aller verfügbaren Fakten mit dem Patienten besprechen muss. Nur so kann man ihn in die Lage bringen, diese Entscheidung selbst treffen zu können. Manche Menschen lassen auch komplizierte Bänderrisse aus Angst nie operieren, therapieren über Jahre konservativ an dem Gelenk herum und werden dann irgendwann von Folgeschäden eingeholt. Dazu muss man einfach ganz klar sagen: Das Risiko einer späteren Prothese ist höher bei instabilem Kniegelenk! Auch wenn man vor einer OP instinktiv zurückschreckt, kann sie – das ist meine Erfahrung – vor viel unangenehmeren medizinischen Folgen bewahren. Auf eine Prothese haben nämlich die wenigsten Leute Lust."

Wie würden Sie einen Durchschnittspatienten beschreiben?

"Ich würde sagen, dass es den Durchschnittspatienten eigentlich gar nicht gibt. Zu mir kommen Junge, Alte, Sportler, Nichtsportler… Darum ist der direkte Kontakt so wichtig, weil es ebenso wenig Durchschnittspatienten gibt wie Durchschnittsmenschen. Und darum kann auch eine Durchschnittsbehandlung nie die Lösung sein, sondern immer eine Individualbehandlung für den Menschen, der da mit seinem Problem bei dir sitzt."

Was muss ein Patient tun, um Sie so richtig auf die Palme zu bringen?

"Puh. Also das dauert in der Sprechstunde wirklich sehr lange (lacht). Wenn die normale Höflichkeit so ganz fehlt, dann ist das natürlich anstrengend. Aussprechen lassen, sich gegenseitig zuhören, allgemeines Benehmen, solche Themen sind mir schon ein Anliegen. Was ich aber wirklich gar nicht haben kann, ist, wenn Patienten sich meinen Mitarbeiterinnen gegenüber unfreundlich benehmen. Zum Beispiel die Kollegin an der Anmeldung herablassend behandeln, aber dann in der Sprechstunde ganz höflich werden, wenn man dem Arzt gegenübersitzt. Das wäre mein rotes Tuch. Aber das kommt wirklich ganz selten vor."

Umgekehrt: Womit kann man Ihnen eine Freude machen?

"Wenn Patienten mir sagen, dass sie ihren Sport wieder machen können. Dass wir ihnen die Angst genommen haben. Dass sie sich gut aufgehoben fühlen. Dass alles so gelaufen ist, wie wir vorher gesagt hatten. Wenn sie merken, dass wir sie ernst nehmen. Und dass wir das, was wir tun, aus voller Überzeugung machen. Wenn ich darüber nachdenke: Das sind genau die Gründe, aus denen ich Arzt geworden bin und die für mich bis heute an erster Stelle stehen."

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